"Wir machen gut Strecke!"

Stadion:

Diamniadio – Stade du Sénégal – Abdoulaye Wade / Stade Olympique de Diamniadio

Spiel:

29.03.2022 – Senegal vs Ägypten
WM Qualifikation, 3.Runde – Rückspiel – 3:1 n.E. (1:0) – Z: 50.000

Bilder aus Dakar: http://www.sportandtravel.de/2022-03-28-dakar-senegal/

Report:

Die Wege des Groundhoppingherrn sind unergründlich. Über Umwege kam diese Reise nach Senegal zu stande. Eigentlich war bereits für Mitte März eine Tour nach Gambia geplant. Air France strich mir aber meine Flüge von Mittwoch bis Montag auf Freitag bis Sonntag zusammen. Das hätte einen Aufenthalt von 48 Stunden im Land bedeutet.

Ich wollte aber wenigsten ein zwei Tage faul am Strand oder Pool liegen und nicht nur von einem Kick zum anderen hetzen um dann am zweiten Abend direkt wieder abzufliegen. Also stornierte ich die Reise. Lobend muss man die unkomplizierte und prompte Vorgehensweise von Air France erwähnen, die schnell und anstandslos das Geld wieder zurück überwiesen.

Nun ging es also in die Neuplanung. Der Blick war bereits in Richtung Westafrika gerichtet und da fiel mir das WM-Quali Heimspiel der Senegalesen gegen die Ägypter auf.

Das Spiel war auf einem Dienstag, also nicht ganz optimal gelegen. Flüge waren am günstigsten von Sonntag bis Samstag. Es nützt ja alles nix. Dann mache ich halt gleich ausgiebig Strandurlaub. Also wurde der Urlaubsantrag für die ganze Woche eingereicht und die Flüge gebucht.

Turkish Airlines bekam den Zuschlag, auch wenn man sich mit dem Flug Richtung Osten nach Istanbul erstmal vom eigentlichen Ziel entfernt wurde, bevor es dann diagonal zurück Richtung Westafrika zum Dakar Blaise Diagne International Airport ging.

Ankunft war am Montag Morgen gegen 6 Uhr. Da ich die folgenden Tage definitiv nicht mehr so früh wach sein würde und ich mich sowieso gerade in der Nähe befand, dachte ich mir ich nutze das direkt und mache einen Ausflug in die Hauptstadt Dakar. Alle Fotos dazu gibt es wie immer oben im Link.

Über showaround besorgte ich mir einen Guide mit Fahrer die mich am Flughafen abholten, mir in Dakar alles zeigten und mich überall hinfuhren wo ich dann noch spontan hin wollte. Ein paar Stunden sollten mir in Dakar reichen.

Das Zentrum versprüht noch etwas afrikanischen Großstadtflair, der Rest ist einfach nur unfertig, staubig und vermüllt. Die super Lage direkt am Meer wird meiner Meinung  nach viel zu wenig genutzt. Immerhin die Autobahnen sind in gutem Zustand.

Der äußerste Zipfel von Dakar ist übrigens der westlichste Punkt vom Festland Afrika, wo wir auch vorbei schauten. Auch hier wird viel zu wenig daraus gemacht. Direkt dahinter ist eine Hotelruine und es ist quasi nichts los. Anderswo werden solche besonderen geografische Ort (Nordkap, Kap der guten Hoffnung) fast von Touristen überrannt.

Wie es der Zufall will, arbeiten die Eltern meiner neuen Arbeitskollegin Chilli Milli beim Auswärtigen Amt und sind zur Zeit beide in Dakar stationiert. Beim Besuch der deutschen Botschaft hatte man aber leider gerade keine Zeit für mich. Dabei hatte ich mich so sehr auf einen Beamtenkaffee unter Kollegen gefreut. Zumindest hatte ich einen spitzen Notfallkontakt.

Nach der Hauptstadttour hatte ich mein Hotel in Saly südöstlich von Dakar und gute 100 km entfernt gebucht. Hier wurde ich am Ende der Dakar Tour wie verabredet abgesetzt.

Saly und in die Ortschaften nebenan sind die touristischen Hauptziele in Senegal für Strandurlaub. Man findet hier viele Hotelanlagen und Feriendörfer am Strand oder Strandnähe und meistens mit Pool sowie die dazugehörige touristische Infrastruktur.

Als französischsprachiges Land trifft man hier besonders viele Franzosen und französischsprachige Touristen an. Englisch wird eher weniger gesprochen. Ein paar Wörter französisch kann ich dann doch noch und mit einem wilden Mix aus Französisch, Englisch und manchmal auch Deutsch gepaart mit ausdruckstarker Mimik und Gestik kam ich auch zum gewünschten Ziel.

Für den nächsten Tag verabredete ich mich mit den beiden Jungs für das Länderspiel.

Davor möchte ich aber noch die hoch interessante Ausgangslage des Duells genauer beleuchten. Vom 9. Januar bis zum 6. Februar 2022 wurde in Kamerun der Afrika Cup of Nations, also die Kontinentalmeisterschaft der afrikanischen Länder, ausgetragen. Im Finale trafen Senegal und Ägypten aufeinander. Die Senegalesen siegten nach 120 torlosen Minuten im Elfmeterschießen und wurden zum ersten Mal Afrikameister.

Nun trafen die beiden Ende März erneut aufeinander. In der dritten Runde der Qualifikation ging es in Hin-und Rückspiel um das Ticket für die WM in Katar .

Im ersten Spiel gewann Ägypten 1:0 in Kairo. Das alles entscheidende Rückspiel sollte im neugebauten Stade du Sénégal – Abdoulaye Wade oder auch Stade Olympique de Diamniadio statt finden. Es ging also um alles!

Nun muss man außerdem bedenken, dass selbst aus mitteleuropäischer Sicht Reisen über die Landesgrenzen hinaus in Afrika meistens teuer und aufwändig ist. Für den durschnittlichen Afrikaner meistens sogar unerschwinglich. Es ist nicht wie in Europa wo tausende Schlachtenbummler ihrer Mannschaft quer über den Kontinent hinterher reisen können. Die Corona Situation erschwert das Ganz noch zusätzlich. Das heißt viele haben die Möglichkeit ihre Nationalmannschaft zu sehen, wenn überhaupt, nur bei Heimspielen im eigenen Land.

Jetzt spielen also Senegals Pokalhelden nach dem Gewinn des Afrika Cups das erste Mal wieder zu Hause und das auch noch im entscheidenden Spiel gegen den Finalgegner im ersten offiziellen Spiel im neuen Nationalstadion. Das kann sich ein Drehbuchautor in Hollywood kaum besser ausdenken! Die Senegalesen waren heiß auf das Spiel und die Ägypter hatten noch eine Rechnung offen. Die Ausgangslage hätte nicht spannender sein können!

Ganz besonders, da angeblich beim Hinspiel die senegalesischen Spieler von den ägyptischen Fans mit Laserpointern geblendet wurden. Das liessen die Senegalesen nicht auf sich sitzen und deckten sich für das Rückspiel mit Laserpointern ein.

Bereits als der erste Ägypter den Rasen betrat, und wir reden hier vom Zeugwart oder dem Busfahrer, wurde dieser volles Rohr angestrahlt. Während des Spiels wanderten die Lichtkegel über den Platz immer auf der Jagd nach den ägyptischen Spielern.

Schon Stunden vor dem Spiel war das Stadion voll und die Stimmung auf Höchstniveau. Es war einfach nur unfassbar laut. Der Mob tanzte und groovte sich ein. Zeitweise hatte ich Ohrstöpsel drin. Fast unerträglich laut wurde es als dann noch der hippe Stadionsprecher die Massen anpeitschte oder bei gelungenen Aktionen oder Balleroberungen der Heimelf.

Zum Einlaufen der Mannschaften gingen einige kleine und eine große Senegal Flaggen über die Köpfe der Fans. Hinter dem Tor wurde bunter Rauch gezündet und auch der ein oder andere Bengalo ging an.

Unter den Fans konnte man auch wieder die typischen bunten Vögel erkennen die sich für das Spiel angemalt hatten oder die wildesten Verkleidungen anhatten. Außerdem sah man viele Trikotträger oder einfach die Nationalflagge als T-Shirt. Insgesamt also ein buntes Gesamtbild.

Sogar einige hundert Ägypten Fans schafften es zum Spiel, was ich im nachhinein in Internet gesehen hatte. Während des Spiels standen sie etwas verdeckt im Unterrang vor mir und ich konnte sie kaum sehen. Zu hören waren sie sowieso nicht, da die Senegal Fans alles nieder brüllten.

Senegal machte nach wenigen Minuten das 1:0 was sich nach 90 Minuten Spielzeit und auch nach 30 Minuten Verlängerung trotz einiger Großchancen nicht änderte. Es ging also ins Elfmeterschießen.

Während der Austragung der Elfmeter wurden die ägyptischen Spieler zu besonders leichten Zielen der Laserpointer, da sie vor dem Schuss noch einen Moment relativ still standen. Spätestens jetzt strahlten die Ägypter wie ein Weihnachtsbaum. Meine Kamera konnte das gar nicht so perfekt einfangen. Einfach mal in den einschlägigen sozialen Medien und auf den bekannten Plattformen danach suchen und ihr seht die grüne Lichtershow.

Beide Teams verschossen die ersten beiden Elfmeter. Darunter auch der ägyptische Superstar Mo Salah vom FC Liverpool. Es folgten Treffer von beiden und danach traf Senegal und Ägypten verschoss erneut. Sadio Mané, Teamkollege von Salah in Liverpool, hatte nun den entscheidenden Elfmeter für Senegal und hämmerte den Ball stumpf in die Mitte des Tors.

Jetzt drehten die Senegal Fans völlig ab. Die Mannschaft rannte zum feiern in die Kurve. Fackeln gingen an, die ägyptischen Spieler mussten sich vor Wurfgeschossen und dem folgenden Platzsturm in Sicherheit bringen.

Ein absolutes Wahnsinnsspiel und einer meiner besten Spielbesuche jemals. Es landet in der top 5 meiner Stadionerlebnisse. Zufrieden fuhren wir nach zwei Stunden Abfahrtsstau zurück. Unterwegs hatten wir noch einen platten Reifen aber das war mir nach diesem Abend ziemlich egal. Dieser wurde außerdem schnell gewechselt und wir kamen unversehrt am Hotel an.

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Nachtrag: