"Wir machen gut Strecke!"

Stadion:

Radès – Stade Hammadi Agrebi / Stade Olympique de Radès

Spiel:

01.04.2023 – Espérance Sportive de Tunis vs CR Belouizdad

CAF Champions League, Gruppe D – Runde 6 – 0:0 – Z: 30.000

Tunis Medina und Souk:

http://www.sportandtravel.de/2023-03-31-tunis-medina-und-souk/

Tunis Marché Central:

http://www.sportandtravel.de/2023-04-01-tunis-marche-central/

Report:

Für das Spiel von Espérance hatte ich über showaround eher zufällig Oussema kennengelernt, der mir eigentlich die Stadt zeigen wollte, aber als  Espérance Fan natürlich noch mehr Lust hatte mit mir zusammen zum Spiel zu fahren. Zusammen mit Tim trafen wir ihn und einen Kumpel in der Innenstadt. Ich dachte der Kollege hätte ein Auto aber da lag ich falsch.

Oussema wollte mit einem Kleinbus und mit Zwischenstopp bei einem Kumpel zum Stadion fahren. Dazu liefen wir Richtung Hauptbahnhof. Tim und mir schwante da schon übles. Diese absolute Ruhe die er und sein Kumpel weghatten, ein Fahrt mit dem Vorortsammelbus der an jeder Milchkanne hält und dann noch unterwegs einen Kumpel treffen. Das konnte doch nicht gut gehen.

Geistesgegenwärtig war ich mir mit Tim einig, dass wir über Bolt (eine Taxi App wie Uber oder Grab) eine Taxi ordern. Das war nicht teuer und fuhr auf der Stelle, ohne Zwischenhalte und zügig direkt zum Stadion. Tim und ich teilten uns die Kosten und luden die anderen beiden ein.

Die vermutliche Odyssee durch die Vororte von Tunis wollten wir uns unbedingt ersparen. So waren wir überpünktlich am Stadion. Lieber so als kurz vor knapp angehetzt zu kommen.

Die Ansetzung Espérance Sportive de Tunis gegen den Vertreter aus Algerien CR Belouizdad war das Hauptspiel der Tour und das aus mehreren Gründen.

Los geht es damit, dass das Tunis Derby Espérance gegen Club Africain durchaus sehenswert ist, aber nach meiner Kenntnis auf mehrere Jahre jeweils ohne Gästefans stattfinden soll. Das Spiel hatte ich schon länger auf dem Zettel, aber unter diesen Umständen kann man sich das sparen.

Der Tunesier an sich kann beim Fußball ja ganz gut durchdrehen, daher musste eine andere stimmungsvolle Ansetzung her, die mit dem Champions League Spiel gefunden wurde. Hier sind nämlich Gästefans erlaubt.

Des Weiteren war es das letzte Gruppenspiel und die Begegnung des Ersten gegen den Zweiten. Also auch sportlich beste Voraussetzungen.

Außerdem sind Aufeinandertreffen zweier Nordafrikanischer Teams, Spiele bei denen man tatsächlich mit Gästefans rechnen kann. Scheinbar spricht man im Volksmund bei solchen Spielen im von Nordafrikanischen Derbys.

Bei Begegnungen mit Mannschaften aus anderen Teilen Afrikas tauchen eher selten oder wenige Gäste auf. Einfach weil die Distanzen viel schwieriger zu überbrücken sind als in Europa. Hier kann man zur Not ins Auto oder den Bus steigen und über gut ausgebaute Autobahnen kurzfristig von Budapest nach Lissabon fahren. Sowas ist in Afrika größtenteils nicht so einfach möglich. Hinzu kommen die teuren Flugpreise, die sich vielerorts in Afrika kaum einer mal eben so leisten kann.

Von Algerien nach Tunesien zu kommen und umgekehrt ist da schon deutlich machbarer. Beim Hinspiel waren mehrere Tausend Espérance Fanatics in Algerien. Für das Rückspiel hatten sich ebenfalls Gästefans von Chabab Riadhi de Belouizdad angekündigt.

Alle Spiele der beiden großen Tunis Clubs und internationale Begegnungen auf Nationalmannschaft- und Clubebene finden im Stade Hammadi Agrebi / Stade Olympique de Radès statt. Diese 60-tausender Space-Schüssel ist etwa 15 km außerhalb von Tunis.

Das Stadion füllte sich etwa zur Hälfte. Aus Algerien waren ungefähr 1.000 Gästefans angereist. Diese beflaggten ihren Bereich genauso gut wie die Heimfans und zogen außerdem rote und weiße Stoffbahnen über ihren Block. Das wirkte schon ein wenig südamerikanisch.

Die Heimseite bereitete leider keine größere Tifoaktion vor. Ihnen wurde Zuschauersperre für die nächsten Spiele angedroht, wenn Pyrotechnik gezündet wird. Man hätte ja auch mit anderen Mitteln eine Choreo machen können, da Pyro für die Esperance Fans aber unbedingt dazu gehört wurde gänzlich auf Tifo verzichtet.

Vereinzelt gingen Fackeln an, diese verschwanden aber ganz schnell wieder und der “Zünder” wurde unsanft zurechtgewiesen, da man auf keinen Fall eine Sperre riskieren wollte.

Der Belouizdad Mob hingegen war lattenheiß auf Bengalos und zündelte wild drauf los. Die gleiche Pyroshow gab es das Spiel über bestimmt fünf sechs Mal, beginnend mit dem Einlaufen der Mannschaften wo außerdem noch rote und weiße Luftballons zum Einsatz kamen. Die Gäste hatten richtig Bock!

Wenigstens akustisch lieferte Esperance ab. Die Kurve war top aufgelegt und wenn das ganze Stadion mit einstimmte wurde es brachial laut. In wenigen Phasen dazwischen konnte man auch mal die Gäste hören. Insgesamt also gute Auftritte. Ein Heimchoreo hätte diesen Nordafrikaknaller perfekt gemacht. Da wird in den nächsten Runden sicher noch mal was kommen.

Leider gab es auch keine Torjubel, da das Spiel 0:0 endete. War ja klar.

Für mich gab es die Premiere und das Kuriosum: das erste Spiel das über zwei Tage ging! Denn mit Anstoß um 23:00 Uhr lief das Spiel bis zum nächsten Tag 1:00 Uhr. Für mich das erst Mal und die späteste Anstoßzeit jemals.

Nach dem Spiel ging es mit Tim, Oussema und zwei seiner Kumpel erstmal ein ganzes Stück zu Fuß Richtung Tunis. Sein Vater wollte uns abholen, aber die Straßen zum Stadion waren noch gesperrt. Also war laufen angesagt. Hier hatten wir erstmal den Vorteil gegenüber den ganzen Autos die am Stadion geparkt hatten. Diese standen natürlich in einem tunesischem mega Stau. Nur löste sich dieser auch irgendwann auf und wir liefen immer noch.

Irgendwann trafen wir dann doch noch auf den Vater und seinen Pickup. Da wir nun zu sechst waren musste ein Kumpel von Oussema  auf der Ladefläche platz nehmen. Diesen lieferten wir zuerst zu Hause ab und entfernten uns dabei selbstverständlich noch von Tunis.

Als wir ihn los waren, verfuhr sich Daddy noch mal kurz, ja sicher! und dann ging es doch tatsächlich Richtung Tunis. Wahrscheinlich waren wir die letzten Doofies die vom Spiel in Tunis zurückkehrten. Die Jungs waren echt nett und gastfreundlich, aber eben auch absolute Schnarchtüten. So ist das manchmal.

In Tunis angekommen verabschiedeten wir uns kurz und wollten nur noch ins Hotel nach dem langen Fußballtag. Immerhin dieser war sehr ereignis-und erfolgreich.